In der Oberschule 1 Nordenham gibt es in diesen Wochen wieder „Wanderklassen“. Das Phänomen kennt die Schule aus ihrer Geschichte: Schon in den 1970er-Jahren gab es nicht genug Klassenräume, um jeder Klasse einen festen Raum zuzuweisen. Auch aktuell sind Räume in der Oberschule an der Pestalozzistraße ohnehin knapp bemessen. Doch der Grund für die Wanderklassen ist ein anderer: Vier Klassenräume werden gerade im laufenden Schulbetrieb saniert. Und das mit Eigenleistung von Schülerinnen und Schülern.

Zum dritten Mal finden Renovierungsmaßnahmen auf diese Weise statt. Die Jugendlichen werden nicht allein gelassen: Sie finden professionelle Anleitung durch Meister, Gesellen und Auszubildende aus dem TEAMsechs. Das ist eine Vereinigung von fünf Nordenhamer Handwerksfirmen, die Komplettlösungen für Kunden – die Nummer sechs im Team – anbieten. Den Auftakt machten die Mitarbeiter der Firma Quaritsch: Sie begannen vergangene Woche Montag mit der Demontage der alten Waschbecken in den Klassenräumen. Ihnen zur Hand gingen vier Neuntklässler. Sie schleppten nicht nur die alten Waschbecken aus dem Gebäude, sondern halfen auch beim Bohren von Löchern und dem Verlegen neuer Wasserzu- und ableitungen. Das Prinzip: Lernen durch Anschauen und Nachmachen. In einem Raum zeigen die Profis, wie es geht, im nächsten dürfen die Jugendlichen unter Anleitung und Kontrolle der Handwerker selbst an die Werkzeuge. Die vier Klassenräume liegen übereinander im vierstöckigen Hauptgebäude und bieten so eine gute Möglichkeit der mehrfachen Wiederholung. So können im Laufe von zwei Arbeitswochen rund 25 Neuntklässler verschiedene Arbeitsfelder des Handwerks ausprobieren.
Während einige Schüler ihre schwarze Schuljeans weiß einstaubten, kam Ben Fest mit blauer Arbeitshose in die Schule. Auch im Umgang mit den Werkzeugen und Geräten zeigte der Neuntklässler, dass er nicht zum ersten Mal handwerklich arbeitet. „Ich will nächstes Jahr eine Ausbildung in diesem Bereich machen,“ sagt er mit Überzeugung. Jan-Luca Weiser schleppte Steine durch das Treppenhaus. Auch er fühlte sich in seinem Element und möchte nächstes Jahr eine Maurerausbildung beginnen. Beim Projekt will er sich auch als Fliesenleger ausprobieren: „Das braucht man immer mal wieder im Leben.“
Andere wissen noch nicht genau, ob sie nach der 9. oder 10. Klasse die Schule verlassen wollen und ob eine Ausbildung im Handwerk in Frage kommt. Das Kooperationsprojekt der Oberschule 1 mit dem TEAMsechs bietet ihnen die Chance, die Berufe kennenzulernen und praxisnah auszuprobieren. Für die Handwerksbetriebe ist das Projekt die Chance, den Nachwuchs direkt in der Schule abzuholen. Die Schulgemeinschaft profitiert von den Renovierungen. „Die Kooperation ist eine Win-Win-Win-Situation“, sagt Konrektorin Ines Locker-Wolf. Sie koordiniert das Projekt und begleitet es zusammen mit den Technik- und Werklehrkräften der Schule.
Mitarbeiter der Firma Wührmann machten Vorarbeiten für die Elektroinstallation. Kabel- und Rohrverkleidungen baut die Tischlerei Kröger, die Malerarbeiten werden von der Firma Höpken übernommen. Seit Mittwoch sind Mitarbeiter der Firma Nordsee Fliesenkonzepte vor Ort. Doch fliesen mussten die Jugendlichen zunächst nicht: Es galt, die neu verlegten Rohre zu verkleiden. Dazu wurden auf dem Schulhof Steine bearbeitet. Aus den Fenstern der anderen Klassenräume guckten andere Schüler neugierig auf die Handwerkspraktikanten. Baulärm und Staub – diese Baunebenwirkungen sind beabsichtigt: Das Projekt soll neugierig auf das Handwerk machen.

In zwei Wochen können die „Wanderklassen“ wieder in ihre Räume einziehen. Dass Schüler selbst mitgearbeitet haben, soll dazu beitragen, dass die Jugendlichen weiterhin pfleglich mit der Ausstattung der Schule umgehen und zu schätzen wissen, welchen Wert ihr Schulgebäude hat – auch durch die selbst investierte Arbeit.
| OBS 1 MEDIEN, 03.12.2025 |
